LCB
Literatur und Topographie

Literatur und Topographie

Ein Symposion im Rahmen des Festivals »Last & Lost. Unterwegs durch ein verschwindendes Europa«

Der topographische Zugang zu ihren Sujets gehört zu den aufschlußreichsten Tendenzen der zeitgenössischen europäischen Literatur. »Die Welt hinter Dukla« (Andrzej Stasiuk), »Das letzte Territorium« (Juri Andruchowytsch) oder »Schutzgebiet Sinistra« (Ádám Bodor) – schon die Titel dieser Bücher verweisen auf die stark aufs Räumliche gerichteten literarischen Entwürfe heutiger Autoren. Es ist eine Literatur, die sich der Welt der Erscheinungen zuwendet: den Landschaften und Städtebildern, den Ruinen der Zivilisation, den verbotenen Territorien. Das Reisen wird zum wichtigsten Medium der Welterkundung, eine rhapsodisch-essayistische Schreibweise zum Merkmal investigativer Neugier. Mit ihrem Sinn für Schauplätze legen diese Autoren historische Schichten frei und schaffen eine Hermeneutik des Raums. Eine Renaissance der Anschauung geht vonstatten, die theoretischen Anknüpfungspunkte reichen von Herodot bis zu Alexander von Humboldt, von Walter Benjamin bis zu Bruce Chatwin. Im Rahmen von »Last & Lost« geht ein zweitägiges Symposion im LCB den Phänomenen dieser topographischen Literatur nach. Die eingeladenen Schriftsteller, Journalisten, Geographen und Historiker liefern Beiträge zu vier Themenkreisen und diskutieren die in ihrer Vielfalt einmaligen europäischen Geschichtslandschaften.

Last & Lost ist ein Gemeinschaftsprojekt des Literaturhauses München, des LCB, des Suhrkamp Verlags und der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Zum Festival erscheint ein Begleitbuch: Last & Lost. Ein Atlas des verschwindenden Europas. Hg. von Katharina Raabe und Monika Sznajderman. Mit 40 Bildseiten. 336 Seiten. Suhrkamp Verlag 2006.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.
Medienpartner: Deutschlandradio Kultur

Die Veranstaltung fand am 23. & 24. März 2006 statt.

Donnerstag, 23. März 2006

11.00 »Im Raume lesen wir die Zeit«
Lothar Müller: Atlas und Odysseus. Über die Raumbindung und die Ortlosigkeit der Literatur
Sebastian Lentz: Vom Spurenlesen: Raum wird Landschaft wird Text
Gasan Gusejnov: Russland: Landkarte als Karikatur
Moderation: Manfred Sapper

14.30 Wolfgang Büscher: Vom Glück, verloren zu gehen
Raoul Schrott: Die vierte Welt
Moderation: Manfred Sapper

16.00 Karpatologie
Richard Wagner: Im Karpatenbogen. Topos, Logo und Ideologem
Robert Hász: Letzte Zuflucht Karpatenbecken
Moderation: Thomas Frahm

20.00 »Vor der Tür das Ende der Welt«
Lesung: Wolfgang Büscher, Raoul Schrott und Tomas Venclova
Moderation: Ilma Rakusa

Freitag, 24. März 2006

10.00 Städtebilder
Artur Klinau: Sonnenstadt der Träume – Minsk
Tomas Venclova: Vilnius – eine Stadt in Europa
Jurko Prochasko: Lemberg – Die Präzision der Utopie
Roswitha Schieb: Breslau – Wroclaw – Breslaw. Blinde Flecken. Fremde Blicke
Moderation: Ingke Brodersen

14.00 Geopoesie
Andrzej Stasiuk: Unterwegs nach Babadag
Serhiy Zhadan: Eine Reise zum ukrainischen Anarchismus
Lutz Seiler: Das Territorium der Müdigkeit
Moderation: Ilma Rakusa

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