Mädchen, denen nichts übrig bleibt als zu kämpfen

Es regnet! Mädchen, mit aufgespannten Schirmen, bunt gekleidet, kommen lachend, und nach einem anstrengenden Schultag hörbar erschöpft, nach und nach aus dem Schulgebäude und treffen ihre Eltern, die ihre Kinder voller Hoffnung draußen erwarten.

Jeden Nachmittag um kurz vor vier schleppe ich meinen Körper mit schweren Schritten Richtung Schule. Dieser Körper ist die Mutter einer Tochter. Eine Mutter, die als Mädchen viele Jahre ihres Lebens unter Entbehrungen und Verboten in einem Land verbracht hat, in dem selbst Lachen für Mädchen tabu ist.

Eine Mutter, die ihre Tochter jeden Tag von der Schule abholt, tut das mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist sie froh, dass ihre Tochter, ganz ohne geschlechtsbedingte Diskriminierung, in einem anderen Winkel der Erde aufwachsen und dort mehr lernen kann. Andererseits ist sie traurig und bedauert, dass Mädchen in ihrer Heimat, viele Meilen weit weg, seit über zwei Jahren nicht mehr zur Schule gehen dürfen.

Das Recht auf Bildung ist ein Grundrecht, es gebührt Frauen weltweit. Seit aber in Afghanistan die Taleban wieder an der Macht sind, müssen Mädchen die Schule nach der sechsten Klasse verlassen.

Eine Mutter, die ihre Tochter in einem sicheren Land tagtäglich von der Schule abholt, hört dabei zugleich die Mädchen verzweifelt weinen, die keinen Einfluss auf die Politik nehmen können, vor verschlossenen Schultoren stehen und tief enttäuscht wieder nach Hause gehen.

Mädchen, denen nichts anderes übrig bleibt als zu kämpfen.

Mädchen, die sich nicht damit abfinden, dass man ihnen ihr Grundrecht auf Bildung abspricht.

Mädchen, die ihren Protest auf die Straße tragen, selbst unter Todesgefahr.

Mädchen, die von extremistischen Taleban täglich eingesperrt werden, mit jedem Mal gestärkter aus ihrer Haft hervorgehen und weiterkämpfen.

Mädchen, die, von Ignoranz und Finsternis umgeben, einen großen Traum hegen, und in diesem Sumpf unverdrossen immer neu sprießen.

Übersetzung: Jutta Himmelreich