Yıldız Çakar: »Der Traumhändler«
Der Traumhändler
Einleitung
Aus dem Kurdischen von Şahin Kürküt
Der Dolch
Elî verkaufte den letzten Teil des Grundstücks seines Vaters für ein Goldstück. „Dieses Mal werde ich reich werden“, dachte er sich. Aufgeregt machte er sich auf den Weg Richtung Spiellokal. Den ganzen Tag, die Nacht hindurch sogar bis zum nächsten Morgengrauen verließ er nicht den Spieltisch. Früh am Morgen, alle Hoffnungen in seine Lederschuhe steckend, deren Hinterkappe er umgeklappt hatte, warf er sein schwarzes Sakko über die Schulter – so kam er aus dem Spielcafé. Seine Schritte wurden klein, und sein Gang schwer. Drei oder vier Knöpfe seines Hemdes standen offen und ein kühler Wind wehte hindurch. Er war ein wenig verärgert darüber. Die Stille des Stadtviertels, die Schönheit des Morgens und der sanfte Wind seines Geruchs, wie der Geruch der Ruhe, verstärkte das Unbehagen in ihm weiter. „Diesmal kann mich auch die Lüge nicht retten. Welchen Plan soll ich mir einfallen lassen?“, sprach er mit hilfloser Stimme zu sich selbst. Auf einmal blieb er mitten auf der Straße stehen, schaute herab und sagte: „Was haben diese Hände nur getan?“ Plötzlich warf er sein Sakko von der Schulter auf den Boden und blickte erneut auf seine Hände. „Du erntest, was du säst. Sag jetzt nicht, der oder die hat es getan. Ich war es, ich.“ Er strich sich langsam über den Kopf und massierte ihn, als ob dieser jemand anderem gehörte. „Die Angst wird dich auch nicht retten.“ Noch während er die Worte sprach, öffneten sich seine Augen vor Schreck und er blieb stehen. „Wann bin ich vor der Haustür angekommen?“ Er hatte angenommen, dass er noch in der Straße des Spielcafés sei. Verwundert sagte er mit leiser Stimme:
– Oh, Mama, was machst du so frühmorgens vor der Tür?
Seine Mutter warf ihm einen tiefen und seltsam aufmerksamen Blick zu, dann sagte sie mit gebrochener Stimme:
– Heute Nacht besuchte mich der Geist deines Vaters. Als ob er mir etwas sagen wollte. Ich stellte ihm andauernd Fragen, doch er sah mich nur schweigend und traurig an. Das hat mir den Schlaf verdorben.
Elî hob langsam seine Jacke vom Boden, als wären ihm die Flügel gebrochen – auf einmal wurde er sehr müde. Auch seine Augen sehnten sich nach Schlaf. Am liebsten hätte er sich schnell unter der Decke versteckt. Mit rauer Stimme, belegt von Schlaflosigkeit und Zigarettenrauch, sagte er zu seiner Mutter:
– Lass uns reingehen, Mama, der Morgenwind macht einen krank.
Beide gingen zum Eingang. Erst senkte Elî den Kopf und betrat den großen Raum durch die kleine Tür, danach folgte seine Mutter. Beide setzten sich schweigend einander gegenüber. Ohne davon zu sprechen, dass er das ganze Land verkauft und das Gold verspielt hatte, sagte Elî zu seiner Mutter:
– Mama, ich werde ein wenig schlafen!
Er stand auf und ging ins Schlafzimmer. Er legte seine Matratze auf den Boden, warf sein Kissen darauf und die dicke Decke über sich. Er rollte sich zusammen, als ob er sich unter der Decke verstecken wollte. Seine Mutter blieb besorgt allein im großen Raum zurück. Auch wenn sie es ihrem Sohn nicht ins Gesicht sagte, so war sie sich der kursierenden Gerüchte bewusst. Wer auch immer ihr auf den Straßen, auf dem Markt, oder bei Besuchen begegnete, redete letztlich über Elî und sagte: „Es heißt, Elî sei ein Spieler geworden. Ist das wahr?“ Darauf folgten meist anklagende Worte wie: „Glücksspiel nimmt immer ein böses Ende, es ist Haram – egal, ob man gewinnt oder verliert.“ Aufgrund dieser Worte über ihren Sohn hatte sie sich von ihren Bekannten und Freunden zurückgezogen.
Inmitten dieser Sorgen und Gedanken schlief sie ein.
– Mama! Mama, steh auf. Es ist fast Abend!
Seine Mutter sprang aus dem Bett und streckte ihren Kopf durch das Fenster auf die Straße. Draußen wurde es langsam dunkel. Bis heute war ihr noch nichts dergleichen passiert. Sie sagte sich: „Es gibt keinen Segen in einem Haus, in dem es viel Schlaf gibt.“ Als ob Elî nichts gehört hätte, sagte er mit sanfter Stimme zu ihr:
– Mama, wollen wir etwas essen?
Seine Mutter drehte sich zu ihm um und sagte:
– Wir haben nicht einmal ein Stück Brot zuhause!
Elî wurde sofort still und ließ den Kopf hängen. Er grübelte eine Weile. Auf einmal stand er auf, setzte sich zu Füßen seiner Mutter und sagte:
– Mama! Ich werde tun, was immer du von mir willst. Im Ernst, dieses Mal verspreche ich es! Was auch immer du sagst.
Seine Mutter antwortete nicht. Elî bereute seine Lage immer heftiger. Er wollte sich nicht wiederholen. Also sagte er nur:
– Vertraust du mir nicht mehr?
Als würde sie ihn verspotten, hob seine Mutter den Kopf kaum merklich, blickte auf den Dolch, der an der Wand hing, und sagte:
– Dein Vater wurde durch diesen Dolch reich!
Elî glaubte nicht, was seine Mutter sagte. Er wich ein wenig zurück, hob den Kopf, blickte auf den Dolch seines Vaters und sagte zu sich: „Wie kann ein Mensch mit einem Dolch so reich werden?“ Der sanfte Wind, der frühmorgens noch durch die offenen Knöpfe in Elîs Kleidung gefahren war, wehte nun im Zimmer, als käme er direkt aus seinem Hemd heraus. Elî sah sich um. Alle Türen und Fenster waren verschlossen. Ein Zittern packte ihn. Er stand wieder auf und setzte sich zu seiner Mutter. Er legte seine Hand auf ihr Knie und sagte:
– Mama, wie hat mein Vater mit einem Dolch so viel Vermögen geschaffen?
– Dein Vater ist mit diesem Dolch immer zum Jagen gegangen. Er hat durch die Jagd so viel Reichtum erworben. Er gab nichts für sich aus und gab auch Anderen nichts. Er sagte, dass alles, was er habe, seinem Sohn gehören solle. Jetzt schau, in welcher Lage wir uns befinden!
– Mama, mach dir keine Sorgen. Bei meiner lebendigen Seele, ich werde all das Vermögen meines Vaters wieder zurückholen.
Seine Mutter dachte: „Nicht umsonst haben die Vorfahren gesagt: Wer dienlich ist, wird sich Reichtum aufbauen, wer gefräßig ist, wird sogar die Welt, die du ihm zu Füßen legst, aufzehren.“ Elî schämte sich für seine Taten. Auf einmal sah er die Situation ganz klar, als wäre er aus einem tiefen Schlaf erwacht, und hätte zum ersten Mal gespürt, was er getan hatte. Er wollte seine Mutter zufriedenstellen und einen Weg finden, sich vor dieser Schande und diesem Schamgefühl zu befreien. Elîs Kopf war immer noch gebeugt, als seine Mutter aufstand und den Dolch von der Wand nahm. Sie setzte sich zu Elî und sagte:
– Mein Sohn! Die Leute nennen dich Elî, den Glücksspieler. Du hast unser Haus ruiniert. Du hast unseren Namen zerstört und unser Vermögen verspielt. Aber wenn du dem Weg deines Vaters folgen willst, nimm dir den Dolch und geh jagen!
Elî wurde sofort wütend. Er fing an zu stöhnen und zu seufzen. Seine Nasenlöcher öffneten und schlossen sich schnell wie der Mund einer Maschine mit weiter Öffnung. Obwohl er für das Glücksspiel das gesamte Vermögen seines Vaters verkauft hatte, gefiel ihm sein Spitzname nicht.
– Wer nennt mich einen Spieler?
Seine Mutter beantwortete die Frage nicht. Sie streckte ihm den Dolch entgegen:
– Hier nimm den Dolch und geh zur Jagd! Wenn du das gesamte Vermögen deines Vaters wiederholst, wird dein Name zu seinem Ursprung zurückkehren.
Elî nahm den Dolch seines Vaters und verließ die Stadt. Er lief einen Tag und eine Nacht lang. Er ging weit, bis er eine Heide erreichte. Er sah sich um, da war nichts außer seinem Schatten und der Stille. Weder eine Vogelstimme noch Spuren eines anderen Tieres. Er wanderte umher, fand aber nichts. Er gab seine Hoffnung auf und machte sich auf den Heimweg. Er sprach zu sich selbst, als würde er mit einer anderen Person reden: „Ich bin schon lange umhergeirrt. Wer kann schon mit einem Dolch reich werden? Wenn ich ins Spielercafé gegangen wäre, hätte ich das verlorene Gold bestimmt wiedergewonnen.“ Er bereute sein Kommen und den Glauben, den er mit dem Dolch seines Vaters verbunden hatte. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Er drehte sich um und sah einen grauen Vogel vor ihm landen, der sich bewegte, als ob er seinen Hals zu ihm ausstrecken würde. Er holte seinen Dolch heraus, legte ihn dem grauen Vogel an den Hals und sagte: „Hier habe ich mein Abendessen gefunden.“ Er hob seine Beute auf, warf sie über seine Schulter und machte sich auf den Heimweg. Jubelnd sagte er zu sich: „Meine Mutter wird sich sehr freuen.“ Aufgeregt ließ er seinen Schatten hinter sich und lief weiter. Unterwegs rief ein Mann aus der Ferne zu Elî:
– Junge, was ist das für ein dreckiges Ding, das du dir über die Schulter geworfen hast? Wirf es weg, Junge!
Elî sah ihn an und antwortete:
– Warum sollte ich ihn wegwerfen?
Er verstand nicht, was der Mann meinte, und ging weiter. Da sah er einen anderen Mann auf seinem Weg. Der Mann sprach:
– Junge, was ist das für ein schmutziges Ding, das du dir auf die Schulter geworfen hast? Wirf es weg, es ist Haram, Junge, es ist Haram!
Elî sah den Mann wieder an und sagte:
– Warum soll es Haram sein? Ich bin zur Jagd gegangen und habe den Vogel mit dem Dolch meines Vaters erbeutet. Warum wegwerfen?
So sprach Elî und setzte seinen Weg fort.
Er ging durch die Heide, näherte sich seinem Haus und sah auf einmal einen anderen Mann am Wegrand stehen. Wie die beiden Männer zuvor, wandte sich dieser an Elî und sagte:
– Junge, was ist das für ein dreckiger Tierkörper, den du dir auf die Schulter gelegt hast? Wirf es weg, Junge, wirf es einfach weg, es ist Haram! Das Fleisch dieses Vogels ist nicht essbar.
Bei diesen Worten wurde Elî sofort wütend, nahm den Vogel von seiner Schulter und warf ihn weg. Aufgebracht ging er nach Hause. Er sagte sich: „Wie kann man mit einem Dolch reich werden? So was gibt es nicht. Mein Vater hat meine Mutter anscheinend getäuscht.“ Immer noch rasend vor Wut erreichte er seine Mutter. Sie fragte ihn neugierig:
– Wie lief es so, mein Sohn?
– Ich ging zur Jagd und fing einen grauen Vogel. Unterwegs sagten mir drei Männer: „Es ist verboten, sein Fleisch zu essen, wirf ihn weg!“ Daraufhin habe ich ihn weggeworfen. Sag mir jetzt Mama, wie ist es meinem Vater gelungen, mit diesem Dolch reich zu werden?
Seine Mutter lächelte leicht vor sich hin:
– Mein Sohn, diese drei Männer sind Brüder. Man nennt sie die „Gebrüder Gauner“. Sie haben dich betrogen, damit sie dir deinen Vogel nehmen.
Elî stand sofort auf und sagte voll Wut:
– Wie haben sie mich reingelegt, Mama?
Seine Mutter erzählte ihm in allen Einzelheiten die Geschichte der „Gebrüder Gauner“ – diese drei Brüder stellen sich den Leuten in den Weg und täuschen sie. Was auch immer sie an Vermögen haben, wird ihnen weggenommen.
In dieser Nacht konnte Elî bis zum Morgengrauen nicht schlafen. Er wälzte sich im Bett hin und her und sagte sich: „Die Leute und die Welt haben mich Elî, den Spieler, genannt. Wenn ich aber nun Elî, der Besitzer des grauen Vogels, bin, werde ich mir das nicht gefallen lassen. Also setzte sich Elî hin und wartete tagelang auf die drei Brüder. Elîs Mutter hatte ihm alle Besonderheiten der Brüder ausführlich beschrieben, wie sie sich den Menschen in den Weg stellten und sie täuschten. Schließlich verließ Elî die Stadt und folgte ihnen. Jeden Tag waren seine Augen auf sie gerichtet, egal wohin sie gingen und was sie taten.
Die Gebrüder Gauner besuchten jeden Sonntag einen Hamam und blieben einen Tag lang. Einen Tag bevor sie dorthin gingen, suchte Elî den Besitzer des Hamams auf und sagte ihm:
– Ich suche Arbeit. Ich werde jede Arbeit machen, die du mir gibst. Als Gegenleistung freue ich mich über Mahlzeiten, das reicht.
Der Besitzer des Hamams schaute Elî intensiv an und sagte zu ihm:
– Ich kenne dich nicht. Erzähl mir mal, was du von der Arbeit in einem Hamam verstehst?
Elî erzählte dem Besitzer eine Geschichte, ganz so, als ob er bereits in einem Hamam gearbeitet hätte und überzeugte ihn schließlich. Der Besitzer gab Elî den Schlüssel und sagte:
– Komm früh morgens, bevor es hell ist, mach ordentlich sauber und heize den Hamam auf.
Elî versprach ihm:
– Keine Sorge, das werde ich tun.
Am Morgen zog Elî die Kleidung des Besitzers an. So wie er es ihm versprochen hatte, erledigte er alle Arbeiten im Hamam und lauerte ungeduldig auf die Ankunft der Gebrüder Gauner. Die Zeit verging langsam – als ob ihr ein Fuß gebrochen wäre und sie ihn hinter sich herziehend liefe. So schleppte auch Elî sich und seine Hoffnung. Auf einmal richteten seine Augen sich nach draußen. Dort sah er die Gebrüder Gauner kommen. Sie zogen ihre Kleider aus, gaben sie Elî und betraten den Hamam. Elî zog sich schnell um, nahm die Kleider und die Goldtasche der drei Gebrüder Gauner an sich und verließ eilig den Hamam. Unterwegs sah er ein Kind. Er ging zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dann drückte er ihm ein kleines Papier in die Hand und schickte es zum Hamam. Nachdem sie sich gewaschen und genügend Zeit im heißen Dampfbad verbracht hatten, gingen die drei Gebrüder Gauner langsam ins Zimmer, wo sie ihre Kleidung abgelegt hatten. Sie gingen hin und her und schauten sich um, aber es war niemand außer ihnen dort. Sie überprüften ein Zimmer nach dem anderen und mussten schließlich feststellen, dass weder ihre Kleidung noch die Goldtasche, geschweige denn der Besitzer dort waren. So blieben sie völlig nackt im Hamam zurück. Sie steckten fest, konnten weder raus noch konnten sie so im Hamam verharren. Erneut liefen sie aufgeregt hin und her. Das Kind, dem Elî etwas ins Ohr gesagt hatte, kam mit dem Papier in der Hand in den Hamam und sagte zu ihnen:
– Ein Mann gab mir diesen Zettel und sprach: „Bring es den Gebrüdern Gauner.“
Alle drei Brüder wandten sich sofort dem Kind zu, nahmen den Zettel in die Hand und starrten es an. Einer von ihnen las mit lauter Stimme vor: „Ich bin Elî, der Spieler, der Besitzer des grauen Vogels. Das ist erst der Anfang, es kommt noch schlimmer.“
So erinnerte sich Zekerîya an die Geschichte von „Elî, dem Spieler, dem der graue Vogel gehört“. Als er ein Kind war und sein Vater begraben wurde, hatte seine Mutter ihm den Dolch seines Vaters als Andenken geschenkt und in langen Winternächten die Geschichte von „Elî, dem Spieler, dem der graue Vogel gehörte“ erzählt. Jetzt hatte er das Gefühl, dass auch er wie Elî, der Spieler, unter Druck stand und nach einer Lösung suchte. Auch er verkaufte sein Land, das bisher das Einkommen des Haushalts ausmachte an seinen Cousin und überließ ihm das Vermögen seines Vaters. Es blieb nichts übrig. Dies war seine letzte Chance. Mit diesem Geld hatte er in die Fremde gehen wollen, um dort einen guten Job zu finden.
Plötzlich stand er von seinem Platz auf und ging mit großen Schritten durch den Raum. Unruhe und Hilflosigkeit fraßen ihn von innen auf. Er fragte sich: „Was soll ich jetzt tun?“ Obwohl es Ende Herbst war, schwitzte er auf der Stirn. Er fasste mit seiner Hand zu den Hemdknöpfen. Einige davon hatte er geöffnet. Er holte ein Tuch aus seiner Tasche und wischte sich damit die Stirn. Sein Brustkorb hob und senkte sich schnell. Er ging zum Fenster auf der Hofseite und blieb stehen. Er sah auf den Hof, als würde er auf einen weit entfernten Ort blicken. Danach legte er seine Hand auf den Griff des Fensters und zog ihn zu sich. Wegen des Regens war die Rahmenkante aus Holz geschwollen und das Fenster ging nicht auf. Er war bereits unruhig, aber als er merkte, dass sich das Fenster nicht öffnen ließ, wurde er wütend. Er schlug mit seiner Faust hart gegen die Wand und sagte: „Ich werde dieses Haus …“ Doch bevor er seinen Satz beenden konnte, betrat seine Mutter den Raum.
– Was ist los Zekerîya? Warum bist du so wütend?
Zekerîya ging sofort zum Dolch seines Vaters, der an der Wand hing. Er legte langsam seine Hand auf den Dolch und sagte:
– Mama, ich werde fortgehen.
Seine Mutter erstarrte und blieb stehen. Zekerîyas Worte waren die Antwort auf ihre Frage. Immer wenn Zekerîya etwas verloren hatte, waren das seine Worte gewesen. Daher gab sie keinen Laut von sich, ging langsam zum Fenster, das nicht aufging und setzte sich auf das Kissen. Sie überlegte. Dann legte sie ihre Hand auf ein paar Leinenfetzen des vom Alter abgenutzten Sitzkissens. Mit den Fingerspitzen hob sie das Leinen an, als ob sie es auf einer Spindel rollen würde. Dann blickte sie auf und sah Zekerîya direkt in die Augen:
– Hast du unser Land verkauft?
Fragte sie mit vor Angst zitternder Stimme.
Zekerîya blieb etwas unentschlossen, ob er seiner Mutter antworten sollte. Er starrte auf seinen Schatten an der Wand und antwortete:
– Mama, sie haben gutes Geld bezahlt! Ich werde fortgehen und viel Geld verdienen. Mach dir keine Sorgen. Seine Mutter erwiderte mit heiserer Stimme wie ein verlorenes und hilfloses Kind in einer Großstadt:
– Wie sollen wir jetzt unseren Lebensunterhalt bestreiten, Zekerîya? Dorfbewohner, die kein Land besitzen, werden in Dörfern nicht beherbergt, das weißt du, oder?
– Ich verspreche dir, ich werde das Zehnfache für dich zurückholen. Mein Cousin hat bereits versprochen, dass wir den Garten vor dem Haus für uns beackern dürfen. Bis dahin werden wir durchkommen.
– Wie willst du unser Land zurückbekommen, Zekerîya? Was einmal weg ist, kann so schnell nicht mehr erworben werden.
– So wie mein Vater reich geworden ist, werde auch ich reich sein.
Yıldız Çakar, born in 1978, is a poet, writer, playwright. She is also a founding member and was one of co-chair of the Kurdish Writers’ Association. She worked as correspondent and editor for Kurdish newspapers. Her first poems have published by Elma Publishing (Graveyard of Stars, 2004). She has also published a collection of poems, a cultural encyclopedia of Diyarbakır city, several novels, and a collection of short stories. She wrote a monologue for Royal Shakespeare Company, a theater play for Maxim Gorki Theater in Berlin and a monologue for Theatre EastNBull in London. This digital theater Project »Lockedown Locked In« of Theatre EastNBull received the award of Athens International Art Film Festival (Best Original Script).