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Tracy Fuad: »Gong«
Tracy Fuad

Tracy Fuad: »Gong«

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Gong

Aus dem Englischen von Jonis Hartmann

Ich habe Frikative
Geatmet perkussiv
Nahe der schwachen Trommel
Meines Unterbauchs
Hinausgepocht
In den Spiegel
Um Muskulatur
Wiederzubeleben
Die meine Organe
Einbehält.
Ich habe Wurzelchen
Mir vorgestellt
Von Nerven
Neu gestreckt
Um Fühlung zurück
Zu bringen in die
Gewölbte Taubheit
Über jener Zeile
Die Grenze markiert
Dimensionenlos
Zwischen uns.
Manchmal gefällt mir sehr
Wenn ich nicht sehen kann
Was mir gefällt
Wenn ich entfernt
Bin von dir
Eines Morgens
Im November
Auf der Brücke die
Über künstlichen Kanal
Damals
Entwässerungsgraben
Dann eine Ersatz-Wasserroute
Für den Bootsverkehr
Ein flacher Strich
Wohinein der Körper
Rosa Luxemburgs
Geworfen
Heute jedoch
Ist dies Wasser
Vor allem ein Ort
Der Erholung
Wo ich gegenwärtig
Nippte
Als mein Blick
Mit Blicken verschränkt
Eines andern Kind
Sich herumwandt
Rücken zuerst
In die Zukunft
So wie ich selbst
Ständig entgegen
Der Substanz
Mich hindurchzieh
Rücktauche
Durch Wochen um
Selbst hochzukommen
In die Gegenwart.
Das Problem
Ist dass alles
Geschellackt wurde
An eigener Grenze
Mit Politur
Hinsichtlich jeder
Beziehung
Also bin ich unfähig
Dich wirklich zu sehn
Selbst wenn deine Fingerchen
Mich greifvögeln
Und noch markieren
Mit winzigen Striemen.
Schellack kommt von
Der Gummiwanze
Harz das sich einfindet
Am Zweig
Von Pflaum- oder Pelzbaum
Ausgeschieden über Poren
Weiblicher Insekten gliedlos
Die sich eindrillen
In die Rinde
Ihre Mengen an
Eiern produzieren in
Zwei Lebenszyklen
Jedes Jahr.
Die Zweige erntet man
Indem man sie schneidet
Dann zerstampft
Zwischen zwei Eisenplättern
Um dies Harz zu waschen
Welches gesiebt erhitzt
Zu Bögen geratscht
Dann im Löser gelöst
Auf den Markt kommt.
Ich höre nur Läuten
Bestimmter Morgende
Glocken
Die die Stunde markieren
An Wochenenden
Obgleich die Wochen
Endlos sind
Sofern sie unmarkiert
Im Arbeitsplan
Tage schlackern um meine Knöchel
Sammeln sich konzentrisch
Um die weiche Form
Deines Körpers
Wie ein Baum
Der neues Wachstum schafft
Im Kambium
Am Rand des Stamms
Jede Baumkindheit
Im buchstäblichen Zentrum
Begegnet allem neuen Jahr
Gänzlich bloß.
Anderntags
Scheint die Luft
Verstummt zu stehn.
Ist Glocke gleich Gong?
Ist Gong gleich Glocke?
Manche Instrumente
Wollen sich unbedingt
Erden.
Geschnitzte Flöte
Früher Schenkelknochen
Aus der Tiefe geholt
Der Höhlen
Des modernen Slowenien.
Und die Triangel.
Selbstklingende
Deren Körper oszillieren
Um einen Punkt
Ein Equilibrium
Das läutet in
Vager Tonlage.
Welches Gefühl sitzt
Zu höchster Frequenz?
Was ist
Meine Norm-Tonart?
Behalt für dich
Wissenschaft ist das nicht.
Als du herkamst
Hingen die
Glocken noch
In ihren Türmen
Auch die Sonne noch
In Dunkelheit
Offizieller Nacht
Ihr geometrisches Zentrum
Achtzehn Grad
Unterhalb der Zeile
Des Horizonts
Fuhr sich langsam hinauf
Durch die Zwielichter
Zivile und nautische
Dann dämmerte es
Uns
Und allem
Und läutete und läutete.

 


 

Tracy Fuad was born in Minneapolis and has lived in Berlin since 2020. Her second collection of poetry, »PORTAL«, won the Phoenix Emerging Poets’ Prize and will be published by the University of Chicago in 2024. She is also the author of »about:blank«. She teaches poetry at the Berlin Writers’ Workshop.

 

 

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