Studio LCB: Tomer Dotan-Dreyfus
»Birobidschan«
Weitere Gäste: Thomas Sparr und Felicitas Hoppe
Moderation: Katharina Teutsch
Der Lyriker Tomer Dotan-Dreyfus wurde 1987 in Haifa geboren, kam mit Anfang zwanzig nach Berlin, um Deutsch zu lernen, aber auch, um der Kultur seiner Vorfahren nachzuspüren. Er wollte mehr über das Leben der Diasporajuden erfahren. Also belegte er einen Jiddischkurs. Und als er sich eines Tages dort langweilte, stellte er Google eine rhetorische Frage: Gibt es einen Ort auf der Welt, in dem Jiddisch Amtssprache ist? Natürlich musste die Antwort „nein“ lauten. Dachte Dotan-Dreyfus. Doch die Suchmaschine wusste Erstaunliches zu berichten: vom autonomen jüdischen Oblast Birobidschan nämlich, acht Flugstunden von Moskau entfernt und nur anderthalb Autostunden von der chinesischen Grenze. In den Schulen dort wird auch auf Jiddisch unterrichtet, die Ortsschilder sind zweisprachig und seit 1930 erscheint die Tageszeitung »Schtern«.
Dotan-Dreyfus hat diese heute weitgehend untergegangene jüdische Welt in seinem Debütroman »Birobidschan« (Voland & Quist, 2023) neu aufleben lassen. Allerdings hat er das meiste dazugedichtet: Sein Birobidschan ist ein utopischer Ort, an dem säkulare Juden einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz bis ins 21. Jahrhundert in Ehren halten. Das Ganze hat so viel surrealen Charme und literarische Widersprüchlichkeit, dass man gerade in diesen Zeiten sofort zum begeisterten Birobidschaner wird. Über diesen Ort diskutieren die Autorin Felicitas Hoppe und der Leiter des Jüdischen Verlags, Thomas Sparr.
In Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk. Sendedatum: 24. Februar 2024, 20.05 Uhr.