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Hausgäste

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Liliana Corobca, Meena Kandasamy und Rachida Lamrabet in Lesung und Gespräch
Moderation: Claudia Kramatschek

Drei engagierte Autorinnen kommen zu Gehör, die wir im Mai als Stipendiatinnen beherbergen. Liliana Corobca gibt in ihrem Roman »Der erste Horizont meines Lebens« (aus dem Rumänischen von Ernest Wichner, Zsolnay Verlag 2015) den Sozialwaisen ihrer Heimat Moldawien eine literarische Stimme. Tausende von Kindern wachsen dort, im Armenhaus Europas, elternlos auf, weil die Mütter und Väter in den reichen Industrieländern arbeiten: als Pflegerinnen und Putzfrauen im Westen, oder als Bergarbeiter in Russland. Zurück bleiben die Kinder, die Alten, Alkoholiker und Gestrandete. Corobcas Figuren beeindrucken durch ihre »kühne Verlorenheit und traurige Größe« (SZ).

Meena Kandasamy aus Chennai legt nach ihrem Gedichtband »Fräulein Militanz« nun einen Roman in deutscher Übersetzung vor: »Reis & Asche« (aus dem Englischen von Claudia Wenner, Verlag Das Wunderhorn). Darin erzählt sie von dem Massaker in Kilvenami (Süd-Indien), bei dem 1968 zweiundvierzig Dorfbewohner – landlose Dalit (›Unberührbare‹) – in einer Hütte verbrannt wurden. Die Landarbeiter hatten sich der Kommunistischen Partei angeschlossen und das Undenkbare gewagt: die Stimme zu erheben. Die Mörder waren von Grundbesitzern beauftragt worden. Meena Kandasamy zerstört lustvoll alle Erwartungshaltungen an Form und Sprache und gibt damit dem Ernst und der Tragik der Geschichte auf paradoxe Weise eine kraftvolle zusätzliche Dimension.

Rachida Lamrabet, flämische Autorin mit marokkanischen Wurzeln, hat bislang zwei Bücher in deutscher Übersetzung veröffentlicht: den Erzählungsband »Über die Liebe und den Hass« und den Roman »Frauenland« (Luchterhand Verlag, aus dem Niederländischen von Heike Baryga). »Frauenland« ist ein Ausdruck marokkanischer Männer für Europa, eben jenen Kontinent, in dem sich »Frauen zu viel herausnehmen könnten. Rachida Lamrabet erzählt von diesem Land aus der Sicht einer Frau, die sich selbst erfinden möchte, ohne im luftleeren Raum, der radikalen Entfremdung, zu ersticken« (DLF). Ein brisanter Stoff, kunstvoll und hochdramatisch komponiert.

12.05.16

Donnerstag

Ort

Literarisches Colloquium Berlin · Am Sandwerder 5 · 14109 Berlin

Teilnehmer•innen

Claudia Kramatschek, Liliana Corobca, Meena Kandasamy, Rachida Lamrabet

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