Räume, in denen Männer leben

oder: Eine Reflexion der Jahresausstellung der HfBK Dresden

Einige Jahre lang hatte ich eine Stelle als Professorin an der Dresdner Akademie für Bildende Künste. Ich war, als ich diese Stelle annahm, in einem Zustand, der von persönlichen Umbrüchen und Veränderungen geprägt war. Das Suchen nach meiner Position in der Kunstakademie geschah zeitgleich mit einer Bewältigung von zu vielen Meilensteinen in zu kurzer Zeit und begleitet von einer brutalen Infragestellung meiner eigenen künstlerischen Praxis. Während ich einer neuen Generation dabei zusah, eine Stimme zu finden, arbeitete ich mich an meiner eigenen ab. Ich wage zu behaupten, dass sich mir meine Jahre in Dresden (obwohl ich kaum wirklich in Dresden war) als eine Zeit eingeprägt hat, die einen starken Einfluss darauf hatte, wer ich heute bin.

Das erste Semester in meinem neuen Beruf war das Sommersemester 2020 – genau, als die Pandemie in Deutschland angekommen war. Zu dem Zeitpunkt, als man mich darüber informierte, dass meine Bewerbung Erfolg gehabt hatte, wusste ich nichts über Dresden oder über die Kunstakademie. Auf TripAdvisor hatte der User SilverOrlov sie jedenfalls wie folgt beschrieben: Eine Universität von unglaublicher Schönheit. Das kann man ein subjektives Geschmacksurteil nennen, aber mir scheint es, als könne die Erscheinung dieses Komplexes, seine Architektur und einige Details aus dem Design des Gebäudes niemanden unberührt lassen, der sich ein wenig mit schönen Dingen auskennt. Für die Universität ist es ziemlich beeindruckend und ich freue mich ehrlich darüber, dass solch ein historisches Gebäude nicht nur das Auge erfreut, sondern der Gesellschaft außerdem auch einen praktischen Nutzen bietet.

 2020 konnte ich weder den sozialen Nutzen des Gebäudes, noch seine Schönheit genießen. Mein erstes Semester musste digital stattfinden und ich musste mich auf das Format von Videokonferenzen einlassen. Ich befand mich in der von mir gewählten Umgebung, genau wie wer auch immer auf der anderen Seite war. Ein denkwürdiges Mal fand ich mich in einem Gespräch mit einem Mann wieder, der in einem winzigen Raum saß. Als die Kamera sich an das gedämpfte Licht anpasste, glaubte ich eine Art Schrankraum zu erkennen, den man möglicherweise gebaut hatte, um den Raum unter einer Treppe zu nutzen.

Im Forum Reddit gibt es zwei Communities, denen ich mit großem Interesse folge – eine davon r/malelivingspace, unter der Beschreibung – MaleLivingSpace – Wo Männer leben können. Den Orten gewidmet, an denen Männer leben können. Hier findet ihr Posts, in denen Wohnungen, Häuser, Domizile, Männerhöhlen, Garagen und Bungalows diskutiert, gezeigt, verbessert und in Schuss gehalten werden.

Die andere nennt sich r/Man Caves: Die letzte Bastion der Männlichkeit!

„Ein Raum, Zimmer, eine Ecke oder der Bereich einer Wohnung, der dem Mann exklusiv vorbehalten ist, abseits vom restlichen Haushalt, um dort in einem Zustand der Abgeschiedenheit arbeiten, spielen, gewissen Hobbies oder Aktivitäten ungestört nachgehen zu können. Dieser Bereich wird normalerweise von dem Mann eingerichtet, der ihn benutzt – ohne Einmischung von jeglichem weiblichen Einfluss.“

Im Juli 2022 war es soweit – ich besuchte meine erste Jahresausstellung in der Kunstakademie Dresden. Ich kam in Begleitung meines Mannes, der uns diesmal ein etwas besseres Hotel gebucht hatte, als bei unseren vorherigen Aufenthalten in Dresden. Wir beide waren in einer festlichen Stimmung. Ich trug ein teures Kleid und wollte meine Errungenschaften der letzten zwei Jahre feiern. Was das Gebäude betrifft – da muss ich SilverOrlov zustimmen – so lässt mich die Architektur nicht unberührt. So neu mir auch die Erfahrung von Umarmungen, Küsschen auf die Wange, und sozialer Geselligkeit war – so vertraut fühlten sich die ausgestellten Kunstwerke an. Als ich vor zwei Hauptwerken stand, einer Rekonstruktion eines Künstlerstudios und einer Sammlung von Kriegsmemorabilien in Form von rostigen Helmen, wurde mir klar – die man cave ist wieder zurück!

Übersetzung: Lena Schmidt