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An der Rückwand des Textes

Selma Matter

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Am Julierpass: mit dunklem Styropor verkleidete Prototypen auf Testfahrt. Geheime Automodelle der nächsten Saison.

Ein Toast so groß wie ein Kindergesicht.

Der Schwanz einer Katze, abgetrennt.

Mein Vater, fünfjährig, wie er eine Papp-Buchattrappe nach der anderen aus dem Regal seiner Eltern zieht.

Man sieht [die Dinge der Vergangenheit] wie durch ein umgekehrtes Fernglas, ameisengleich, gestochen scharf und unendlich weit weg. (Maria Stepanova, Nach dem Gedächtnis, S. 282)

Immer handelt es sich um ein Verhältnis zur Zeit. Die Illusion verlieren, dass man die Zeit besäße. (Simone Weil, Schwerkraft und Gnade, S. 62)

Wie Gary Gabelich 1970 in den Bonneville Saltflats als erster Mensch auf 1000 km/h beschleunigt, zwei Jahre später seine Hand verliert und sie ihm wieder angenäht wird (womit seine Karriere allerdings beendet ist).

Der Name seines Autos: Blue Flame

Ein Teller Nudeln morgens um 6, dann, kurz darauf, der Rücken meines Vaters im Fahrradtrikot, das hinterm Hügel verschwindet.

 


 

Woraus besteht die Gegenwartsliteratur? Unsere Reihe im Rahmen von »Neustart Kultur« fragt: Woraus ist die deutschsprachige Gegenwartsliteratur gemacht, aus welchen Materialien, Gegenständen und Ideen besteht sie, aus welchen Stoffen gewinnen Texte heute ihre Kraft? Mehr Infos zur Veranstaltungsreihe hier.

Dieser ›Stoff‹ ist Teil von »DYKE DOGS Literatur Salon«, kuratiert von Eva Tepest und Lynn Takeo Musiol, mit Duygu Ağal, Magda Albrecht, Kaśka Bryla, Samantha Bohatsch, Karen-Susan Fessel, Franziska Gänsler, Anna Hetzer, Selma Matter, Ronya Othmann, Marie Lucienne Verse, Hengameh Yaghoobifarah und Derya Yıldırım, am 15. September 2022.

Materialsammlung »Stoffe«

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