Studio LCB mit Erich Hackl und Guntram Vesper

19. Oktober 2004
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung und Gespräch: Erich Hackl und Guntram Vesper
Moderation: Maike Albath

Programmtext

Der 1954 in Steyr geborene österreichische Schriftsteller Erich Hackl ist ein welterfahrener Intellektueller. Nach Lehrtätigkeiten an Universitäten in Madrid und Wien reiste er vor allem durch die Länder Lateinamerikas. Seine Bücher changieren virtuos zwischen Dokumentar- und Erzählliteratur. Er berichtet über das Leiden und Aufbegehren von Einzelnen in diktatorischen Systemen. In seinem literarischen Debüt "Auroras Anlass" (1987) rekonstruierte er anhand von zeitgeschichtlichen Quellen den Mord einer spanischen Feministin an ihrer achtzehnjährigen Tochter. Auch "Abschied von Sidonie" (1989) avancierte zum Bestseller. Hierin erzählt er die Tragödie eines Zigeunermädchens, das als Säugling ausgesetzt wurde. Daß investigativer Journalismus und literarisches Erzählen sich nicht ausschließen, beweist Hackl auch in seiner diesjährigen Veröffentlichung: "Anprobieren eines Vaters" (Diogenes). Hackl liest neueste, noch unpublizierte Prosa und berichtet im Gespräch mit dem 1941 in Sachsen geborenen, 1957 mit seiner Familie in den Westen geflohenen Lyriker und Erzähler Guntram Vesper über die Wege und Methoden seiner schriftstellerischen Arbeit. Auch der Huchel-Preisträger Vesper wird aus noch unveröffentlichten Texten lesen.

Weiterführende Informationen

Wie es zur gegenseitigen Beeinflussung und Wertschätzung kam, davon erzählen Erich Hackl und Guntram Vesper in dieser Aufnahme. Obwohl beide ein Altersunterschied von beinahe fünfzehn Jahre trennt, gibt es Gemeinsamkeiten. Die können äußerlicher Natur sein, wie beispielsweise das als intellektuell unergiebig empfundene Jugendleben in der Provinz. Oder sie sind mehr innerlich gefärbt: Dann geht es um eine bestimmte integre Haltung des Schriftstellers heute. Natürlich war der ältere, Guntram Vesper, ein Vorbild für den jüngeren Erich Hackl, was auch erklärt, warum der Werdegang Vespers zunächst stärker in den Mittelpunkt rückt. Inwiefern, so eine zentrale Frage im zweiten Teil der Aufnahme, ist der Rückgriff auf die eigene Biographie und die Geschichte für den Autor von Bedeutung (zumal es in seinen Texten sehr stark um die Beleuchtung der Nachkriegsjahre geht)? Dagegen verweist beispielsweise Hackls Interesse für Lateinamerika und die spanische Sprache - wie er dann auch erzählt - auf einen sozialpolitischen Kontext unter jungen europäischen Intellektuellen zu Beginn der 70er.

Personen auf dem Podium