LCB

Nullen

Hendrik Otremba

Einen Raum betreten
Heißt darin zu verschwinden
Fenster ohne Glas
Löcher in Wänden
Da ist etwas in diesem Raum
Es ist nicht Staub, nicht Schaum
Der Boden ist schon nass
Ich kann die Zeit verschwinden sehen
(Shabbatz Krekov, undatiert)

Einen Raum betreten, zum ersten Mal, einen kreisrunden Raum. Null ist keine Farbe. Null hat keinen Geschmack. Null ist das Vergessen. Null macht mich nicht satt. Ich bin von etwas ergriffen. Ich weine und spüre aber auch meine Muskeln dabei. Zwischen Tränen und Körper bin ich. Ich sehe das Flimmern am Horizont. Keine Hubschrauber. Nur Gedanken, die kreisen. Im Kreis. Von jedem Punkt aus ähnelt sich das, was ich gegenüberliegend sehe. Nur die Abstände variieren. Ob da noch wer ist?
Ob da noch wer herüberblickt? Oder bin nur ich das, in Echoschleifen?
Ist Einsamkeit eine Zeitform? Ist Einsamkeit eine logische Konsequenz? Als Kind, im Hubschrauber, im Flug über schwarze, rauchende Krusten. Ich habe es gesehen, und nun bin ich hier mit diesen Bildern. Bilder, die im Kreis einen Zusammenhang ergeben., der in allem Gewesenen klar macht, dass nun alles schrecklich möglich ist. Meine Füße berühren den Boden. Die Erde ist warm. Sie ist immer gleich warm. Der Boden weich, der Boden reich. Einfacher ist alles, von nun an einfacher. Dort, wo nicht geredet wird, wird auch nicht gestritten. Am Horizont: Ich sehe ein Schiff. Ein monströser Tanker, ganz ohne Crew. Er treibt über den Ozean. Ohne Ziel. Ohne Herkunft. Nicht müde. Nicht wach. Dazwischen. Geistertanker. Blutleer. Rostrieseln. Röstzwiebeln. Zwiebelschmalz. Apfel. Brot. Mutter. Nahrung. Alle Menschen sind durch eine fortlaufende Nabelschnur miteinander verbunden. Alles hat ein Ende, nur der Docht hat zwei. Feuer. Feuer frei!

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